Luftaufnahme mit Kennzeichnung der Sensoren© BWI GmbH / Helsing
MITA

Mit Künstlicher Intelligenz zu schnellerer taktischer Aufklärung

3 min
5. September 2023

Die jüngsten Entwicklungen an den NATO-Außengrenzen aufgrund des Ukraine-Kriegs lassen das Thema Landes- und Bündnisverteidigung mehr und mehr in den Fokus rücken. Schnelle und präzise Aufklärung kann im Falle eines Angriffs entscheidend sein. Gemeinsam mit ihrem primären Digitalisierungspartner, der BWI, sowie dem Software- und KI-Unternehmen Helsing hat die Bundeswehr deshalb erfolgreich ein sensorgestütztes System getestet, das mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) große Geländeabschnitte überwachen und die taktische Aufklärung beschleunigen kann.

Das Vorhaben trägt den Namen MITA – Military Internet of Things für die taktische Aufklärung – und hat das Potenzial, die militärische Aufklärung schneller, genauer, ressourcenschonender und sicherer für die Truppe zu machen. Besonders im Falle eines Angriffs kommt es für Befehlshaber*innen der Bundeswehr darauf an, möglichst schnell die richtigen Entscheidungen zu treffen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Dabei sind präzise Informationen die Basis für militärische Entscheidungen. Wo erfolgt der Angriff, wann, mit welchen Kräften und aus welcher Richtung?

Präzise Informationen für die richtigen Entscheidungen

Dazu wird heute überwiegend auf herkömmliche Sichtungen gesetzt: Soldat*innen beobachten das Gelände zum Beispiel aus Fahrzeugen heraus oder analysieren Drohnenbilder auf feindliche Bewegungen. Die Weitergabe dieser Informationen an den Gefechtsstand erfolgt zumeist mittels Sprechfunk. Im Gefechtsstand werden die Beobachtungen gesammelt, interpretiert und manuell auf einer Lagekarte eingetragen. Das daraus entstandene Lagebild kann dann an die Einheiten auf dem Gefechtsfeld weitergegeben werden, um die notwendigen Entscheidungen zu treffen.

Für diesen analogen Prozess der Informationsweitergabe und Interpretation muss einiges an Zeit eingechnet werden, auch Übertragungsfehler können beispielsweise leicht passieren. Das Zusammenspiel von Sensoren und KI-gestützter Aufklärung bei MITA könnte diesen Vorgang erheblich beschleunigen und qualitativ verbessern. Lagebilder können automatisiert erstellt und mit Echtzeitinformationen deutlich präziser werden.

Mit Sensornetzwerken große Gebiete überwachen

Mithilfe der Sensoren mit UWB-Technologie, die die BWI gemeinsam mit LaterationXYZ für MITA entwickelt hat, lassen sich große Gebiete dauerhaft überwachen. Das hat den Vorteil, dass dabei sowohl Material eingespart als auch Bundeswehrpersonal geschont werden kann. Die Sensoren – verbaut in kleinen Kugeln, die großflächig in dem zu überwachenden Gebiet ausgebracht werden – sind unauffällig, robust und kostengünstig. Jede Kugel kann sowohl über eine Art Lichtschranke als auch über ein Bodenradar beispielsweise Bewegungen erfassen. Ausgebracht werden können die Sensoren zum Beispiel per Abwurf aus einem Helikopter – ein Plus an Sicherheit für die Aufklärungstruppen, wenn kein Personal sich dafür am Boden bewegen muss. Alle Sensoren sind miteinander vernetzt und können dadurch großflächige Bereiche für die Aufklärung abdecken, auch solche, die schwer zugänglich sind. Auch Bereiche, die aus Sicherheitsgründen schwer aufklärbar sind, können gut überwacht werden. Darüber hinaus ist eine Verknüpfung mit der bestehenden Sensorik der Bundeswehr möglich. So werden die Informationen der elektrooptischen Sensoren, Waffensystemen sowie Drohnen der Bundeswehr um die Daten der im Feld ausgelegten Sensoren ergänzt, so dass die Bedrohungslage kombiniert festegestellt und beurteilt werden kann. Aufgrund der genutzten Frequenzen sind die UWB-Sensoren außerdem nicht von feindlicher Aufklärung identifizierbar.

3D-Lagebild in Echtzeit mittels Datenfusion durch KI

Dringt beispielsweise ein feindlicher Panzer in das überwachte Gebiet ein, schlagen die Sensoren im Feld an. Sie erkennen dass sich dort ein Objekt bewegt und in welche Richtung es steuert. Der Zielbereich kann dann zusätzlich durch den Einsatz von Drohnen aufgeklärt werden. Das KI-System detektiert und lokalisiert das Objekt und klassifiert es, zum Beispiel als einen feindlichen Kampfpanzer. Mithilfe einer Helsing-Software werden die Sensordaten automatisch fusioniert, ausgewertet und in Echtzeit in ein dreidimensionales Lagebild überführt. Arbeit, die sonst manuell erledigt werden müsste. So stehen die Daten ohne Zeitverzögerung zur Verfügung und können für die Entscheidungsfindung durch den Operateur genutzt werden. Das Sensornetzwerk stellt der militärischen Führung damit eine große Menge an eigenständig gesammelten Informationen ausgewertet zur Verfügung. Das System ist so in der Lage in einer Einsatzsituation den gesamten Prozess von der Aufklärung bis zur Führung zu beschleunigen und damit wertvolle Zeit zu sparen, die im Zweifel über Leben und Tod entscheiden kann.

Erfolgreiche Tests, Nutzerfeedback positiv

Das gemeinsame Projekt von Bundeswehr, BWI, Helsing und LaterationXYZ hat die ersten beiden Erprobungsphasen im Dezember 2022 und Mai 2023 erfolgreich abgeschlossen. Das Fazit fällt positiv aus: Mit MITA lassen sich Feindbewegungen auf dem Gefechtsfeld in Sekundenschnelle erkennen. Die KI-gestützte Objekterkennung entlastet die Nutzer*innen, und Kommandeur*innen werden damit in die Lage versetzt, die Situation schneller als bisher bewerten zu können, um die notwendigen Befehle zu erteilen.

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