Dr. Christian Marwitz, CDO der BWI, steht auf der Bühne hinter einem Rednerpult während seines Vortrags auf der Cyber Defence Conference 2023; im Hintergrund ist sein Vortragstitel an eine Bühnenrückwand projeziert;© BWI GmbH
Multi Domain Operations

Die Bedeutung von Cloud für die Fähigkeitsentwicklung der Bundeswehr

3 min
30. November 2023

Cloud gehört für die Bundeswehr zu den wichtigsten Technologien. Das gilt im Kern ihres Auftrags – der Landes- und Bündnisverteidigung – und damit den Streitkräften, ebenso wie in der Wehrverwaltung. Und es gilt nicht zuletzt für die eigene Digitalisierung. Um Einsatzzwecke von Cloud und die sichere, zuverlässige Nutzung ging es auf der Cyber Defence Conference 2023.

Konflikte werden heute über mehrere Dimensionen hinweg geführt, also zu Land, in der Luft, auf See, im Weltraum sowie im Cyber- und Informationsraum. Gründe für das neue Konfliktbild sind vor allem sicherheitspolitischer, etwa durch sich verändernde geopolitische Kräfteverhältnisse, und technologischer Natur. Der rasante technische Fortschritt, allen voran die Digitalisierung als prägendes Merkmal unserer Zeit, haben neue Möglichkeiten der Kriegsführung und neue Räume eröffnet. Um handlungs- und verteidigungsfähig zu sein, benötigt die Bundeswehr Kräfte, die „skalierbar und dimensionsübergreifend eingesetzt werden können“. So steht es in den jüngst veröffentlichten verteidigungspolitischen Richtlinien des Verteidigungsministeriums. Eine resiliente und bruchfreie Führungsfähigkeit, sowohl im Bündnis als auch national, bilde das Fundament dafür.

„Multi Domain Operations“ lautet der Begriff für diese Art der Einsatzführung. Cloud ist eine der Kerntechnologien, die einen solchen kombinierten Einsatz von Kräften und Fähigkeiten in mehreren Dimensionen möglich macht. Sicherheit und Robustheit entsprechender Lösungen gehören dabei zu den größten Herausforderungen. Genau darum ging es auf der Cyber Defence Conference (CDC) 2023 Ende Oktober in Bonn. Das Leithema der zweitägigen Fachkonferenz, zu der die Gesellschaft für Wehrtechnik e. V. (DWT) Vertreter*innen aus Bundeswehr, Behörden, Industrie und Forschung eingeladen hatte: „Sichere Cloud-Infrastruktur als Basis (nicht nur) für Multi Domain Operations“.

Saal mit großer Deckenbelauchtung. mehre Stuhlreihen mit dem Publikum, vorne eine Leinwand, auf der der Videoanruf übertragen wird. © BWI GmbH

Präzise, angemessen und schneller als der Gegner

Die „Multi Domain Combat Cloud“ werde der Bundeswehr in zukünftigen, internationalen und multidimensionalen Operationen Informations-, Führungs- und damit Wirküberlegenheit ermöglichen. So steht es sinngemäß im fünften Bericht des Verteidigungsministeriums zur digitalen Transformation von Februar dieses Jahres. Doch was heißt das? Damit die eigenen Kräfte im Gefecht präzise, angemessen und vor allem schneller als der Gegner handeln können, benötigen sie Informationen. Die wiederum werden aus Daten gewonnen, die beispielsweise von Satelliten, Drohnen oder Kameras erfasst, dann etwa mit Hilfe von künstlicher Intelligenz (KI) aufbereitet und zu Lagebildern zusammengeführt werden.

Das alles erfordert nicht nur viel Rechenleistung. All diese Daten müssen auch unter den Systemen ausgetauscht beziehungsweise die gewonnenen Informationen den militärischen Führern zur Verfügung gestellt werden. Hier kommt neben KI, modernen Übertragungstechnologien oder Edge-Computing die Cloud ins Spiel. Beziehungsweise Clouds, viele Clouds. Das Spektrum einer Multi Domain Combat Cloud reicht von stationären Lösungen, über mobile, verlegefähige Systeme, bis hin zu Embedded Clouds an Board von Waffensystemen wie Flugzeugen, Schiffen oder Panzern.

die Bühne von der Linken Seite fotografiert. Auf der Bühne am Rednerpult der Generalmajor in Uniform und auf der Leinwand seine Präsentationsfolie. © BWI GmbH

Kernelement der künftigen IT-Architektur der Bundeswehr

Neben Rechenleistung liefert die Cloud die erforderliche Agilität, Skalierbarkeit und Robustheit auf dem Gefechtsfeld. Anwendungen und Infrastrukturen lassen sich mithilfe der Technologie schneller und einfacher bereit- und im Zweifel wiederherstellen. Und das gilt nicht nur für den Einsatz. Auch im inländischen Grundbetrieb und in der Wehrverwaltung bietet Cloud-Computing viele Vorteile. Anwendungen, Speicherplatz oder Rechenleistung können über eine Cloud nicht nur bedarfsgerechter und damit effizienter bereitgestellt werden. Nutzer*innen haben auch leichteren Zugriff auf IT-Ressourcen.

Für die Bundeswehr ist Cloud daher Kernelement ihrer künftigen IT-Architektur. „Cloud first ist das Paradigma, unter dem wir arbeiten“, sagt Generalmajor Dr. Michael Färber in seiner Keynote auf der CDC 2023. Und das sei durchaus ambitioniert, betont der Abteilungsleiter Planung und Digitalisierung im Kommando Cyber- und Informationsraum. Im Zentrum einer Multicloud-Umgebung der Bundeswehr stehe die Frage, für welche Bereiche und Anwendungen man auf eigene Lösungen zurückgreift, und wo auf die externer Markteilnehmer. Mit dem Aufbau einer eigenen private Cloud (pCloudBw) hat die Bundeswehr ihr IT-Systemhaus, die BWI GmbH, beauftragt. Seit Juli dieses Jahres testet die BWI die pCloudBw als betriebsbereites „Minimum Viable Product“ (MVP). Im kommenden Jahr soll die private Bundeswehr-Cloud verfügbar sein.

Grafik zeigt die Fünf Apllikationen der Cloud auf inklusive strategischer Partnerschaften wie den BUND, NAto und die Industrie. Es ergänzt auch den Bereich Disaster Backup Center. © BWI GmbH/Bundeswehr

Sicherheit, Resilienz und Interoperabilität

Die Anforderungen der Bundeswehr an ihre private Cloud sind notwendigerweise hoch und damit die technologischen Herausforderungen für die BWI. Da wäre zunächst die Interoperabilität zu anderen Systemen sowie zu nationalen und internationalen Cloud-Initiativen. Das beinhaltet einerseits die Konformität zu Standards, insbesondere der „Deutschen Verwaltungscloud-Strategie“ (DVS), andererseits die Integrationsfähigkeit von externen Anwendungen oder Infrastrukturen, etwa im Bereich der NATO. Weitere wesentliche Anforderungen ist die Resilienz insbesondere bei verlegefähigen Combat-Cloud-Lösungen. Hierbei sind vor allem drei Dimensionen relevant: Verfügbarkeit, Durchhaltefähigkeit und Ausfallsicherheit. „Cloud-Plattformen müssen auch bei längeren Unterbrechungen, beispielsweise Einsatzfahrten von Schiffen, ohne Datenverluste funktionsfähig bleiben“, sagt Dr. Christian Marwitz, Chief Digital Officer der BWI.

Eine weitere Herausforderung für die BWI, nicht zuletzt auch im Hinblick auf Flächen-, Klima- und Energiebedarfe: unterschiedliche Mandanten mit unterschiedlichem Schutzniveau beziehungsweise unterschiedliche Sicherheitsdomänen auf einem Cloud-Stack zu integrieren. „Daraus ergeben sich höchste Anforderungen an IT-Sicherheit und Datenschutz“, erläutert Marwitz. Zugleich machte er deutlich: „Egal wie gut wir ein System schützen, es gibt immer Schwachpunkte.“ IT-Sicherheit sei nichts, was man an einzelnen Bestandteilen festmachen kann. Sie entstehe vielmehr in der Gesamtheit aller Faktoren.

Die Bereitstellung einer modernen, sicheren und skalierungsfähigen pCloudBw ist für Marwitz weit mehr als eine Aufgabe: „Die pCloudBw wird dazu beitragen, die Führungs- und Einsatzfähigkeit sowie Kampfkraft der deutschen Streitkräfte zu erhöhen. Damit ist ihre Implementierung nicht einfach nur ein Auftrag für uns. Es ist eine strategische Weiterentwicklung für die BWI, Teil unseres Kernauftrages, unseres Selbstverständnisses und unseres Leistungsversprechens als primärer Digitalisierungspartner der Bundeswehr.“

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