BWI-Mitarbeiter neben einer Soldatin an ihrem IT-Arbeitsplatz.BWI GmbH/Frank Löschke
Digitalisierungspartner

Der IT-Grundbetrieb der BWI – so grundlegend wie wichtig

4 min
24. September 2024

Digitalisierung schreitet immer schneller voran. Das ist auch und gerade im militärischen Kontext so. Nicht nur die tägliche Arbeit im Inland, auch die Einsatz- und Führungsfähigkeit der deutschen Streitkräfte hängen von einem stabilen, sicheren, resilienten IT-System ab. Umso wichtiger ist es, dass im Hintergrund alles läuft. Wie komplex dieser IT-Grundbetrieb tatsächlich ist, stellt sich oft erst auf den zweiten Blick dar.

Wenn in einer deutschen Kaserne der Dienst beginnt, gehört für die meisten Angehörigen der Bundeswehr das Einschalten des Arbeitsplatzcomputers (APC) zur täglichen Morgenroutine. Dabei sieht der APC erstmal nicht anders aus, als marktübliche Geräte. Der große Unterschied liegt im Hintergrund. Soldatinnen und Soldaten können damit nämlich auf die IT-Services von BWI und Bundeswehr zugreifen, wie zum Beispiel auf das auf die Bedürfnisse der Bundeswehr angepasste, auf SAP basierende Enterprise-Resource-Planning-System SASPF („Standard-Anwendungs-Software-Produkt-Familien“).

Mit den von der BWI bereitgestellten Computern arbeitet der größte Teil der rund 180.000 militärischen und 80.000 zivilen Angehörigen der Bundeswehr. Dabei sind Soft- und Hardwareausstattung der von der BWI gemanagten APCs auf die Bedarfe der jeweiligen User angepasst. Das heißt, die Anwender*innen können sich stets auf einen aktuell und abgesicherten APC verlassen, weil Updates für Software, Betriebssysteme und Sicherheitseinstellungen zentral und automatisiert von der BWI ausgebracht werden.

Um arbeitsfähig zu sein, benötigt eine Nutzerin oder ein Nutzer natürlich mehr als einen APC allein. Eine reibungslose digitale Kommunikation untereinander ist unverzichtbar für moderne Arbeitsabläufe. Hierfür hat die BWI in den letzten Jahres erfolgreich „GroupwareBw“ ausgerollt. Dahinter verbirgt sich eine Lösung zur Kommunikation via E-Mail, Telefonie, Video und Chat sowie Content- und Dokumenten-Management-Systeme. Dieses aus mehreren Softwarekomponenten bestehende „Toolset“ verwendet Lösungen, die auch in der Industrie weitläufig verwendet werden. Es ermöglicht nicht nur die reibungslose Kommunikation intern, sondern auch mit externen Partnern, etwa aus Industrie oder NATO.

Für E-Mails und Termine steht Outlook zur Verfügung, bei Bedarf mit entsprechender Verschlüsselung. Für Konferenzteilnahmen ist die Telefoneinwahl (Voice over IP) oder die Verwendung von Software wie Jabber und Webex möglich. Die Bearbeitung von Dokumenten, Inhalten und Workflows kann kollaborativ und in Echtzeit erfolgen. GroupwareBw nutzen über 230.000 Bundeswehrangehörige. Damit betreibt die BWI eine der größten Umgebungen dieser Art und in diesem Sicherheitskontext.

Das Herzstück: Netze und Rechenzentren

Damit IT-Services und APCs optimal arbeiten können, kommt es auf die richtige Verbindung an. Richtig meint hier schnell, stabil und sicher: vom Endgerät, über die Liegenschaften, bis in die Rechenzentren. Und das unabhängig davon, ob Nutzer*innen im Büro, von unterwegs oder zu Hause aus arbeiten. Dafür verfügt die Bundeswehr über ein eigenes und modernes Weitverkehrsnetz (WAN). Über 13.000 Kilometer lang, mit redundant ausgelegten Glasfaserleitungen und rund 850 angebundenen Liegenschaften, stellt es eine sichere Sprach- und Datenkommunikation der Bundeswehr in Deutschland sicher.

Die BWI hat das WAN-Backbone in den vergangenen Jahren komplett modernisiert und unter anderem mit quantensicherer Verschlüsselung ausgestattet. Aktuell ist es mit Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu 100 Gigabit pro Sekunde bestens für die derzeitigen Aufgaben der Bundeswehr gerüstet. Benötigt eine Bundeswehrliegenschaft künftig mehr Bandbreite, kann die BWI diese dank moderner Technologie erhöhen, ohne die physikalische Netzinfrastruktur verändern zu müssen. Ebenso wichtig sind die lokalen Netzwerkverbindungen (Local Area Network, LAN) innerhalb der Liegenschaften, die über einen sogenannten Liegenschaftszugangsknoten an das Weitverkehrsnetz angebunden sind. Fast 360.000 LAN-Anschlüsse an knapp 24.000 LAN-Komponenten und 42.000 WLAN-Accesspoints stellt die BWI dafür unter anderem zur Verfügung.

Und weil das Arbeiten von zu Hause und von unterwegs mittlerweile selbstverständlicher und liebgewonnener Teil des Arbeitsalltags vieler Bundeswehrangehöriger ist, können APCs auch per Remote Access Service (RAS) sicher auf das Bundeswehrnetz zugreifen – via Mobilfunk oder über den heimischen Internetzugang. Aktuell pilotiert die BWI eine vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zugelassene softwarebasierte Lösung, als Ersatz der bisherigen hardwarebasierten. Sie soll den Remote-Zugang der Anwendenden von zu Hause und unterwegs künftig noch leichter machen. Und auch ein eigens von der BWI entwickelter geräteunabhängiger Messenger – der BwMessenger – gehört zum Lösungsangebot für eine sichere ortsungebundene Kommunikation.

BWI Mitarbeiter im Serverraum © BWI GmbH/Frank Löschke

Für das sichere Hosting der Services und Systeme betreibt die BWI mehrere Rechenzentren (RZ), die sie fortlaufend modernisiert. Dazu gehören zum einen beigestellte Rechenzentren der Bundeswehr, zum anderen extern angemietete, besonders gesicherte RZ-Flächen. Knapp 14.000 Server und zirka 9.000 Datenbanken betreibt die BWI in diesen Data Centern und stellt darüber Speicherkapazitäten von rund 240.000 Terabyte zur Verfügung. Dank moderner Virtualisierungslösungen verdichtet die BWI Rechen- und Speicherkapazität auf weniger, dafür leistungsstärkere Hardware. So können die vorhandenen RZ-Kapazitäten effizient und dynamisch auf den jeweiligen Bedarf ausgerichtet genutzt werden. Damit die IT-Services von BWI und Bundeswehr ausfallsicher zu jeder Zeit verfügbar sind, betreibt, steuert und überwacht die BWI die aktuell fünf Rechenzentren zentral und automatisiert. Dabei arbeiten sie georedundant im Verbund wie ein logisches Rechenzentrum.

Mehrstufiger Support für den Fall der Fälle

Der IT-Grundbetrieb läuft normalerweise geräuschlos im Hintergrund. Erst, wenn etwas mal nicht wie gewohnt funktioniert, bemerken Nutzende plötzlich, wie wichtig eine funktionierende IT-Ausstattung ist. Gerade in einem so großen, komplexen und sensiblem IT-System wie dem der Bundeswehr sind die frühzeitige Erkennung und schnelle Entstörung wichtig. Bundeswehrangehörige können Störungen und Fragen zu ihrer IT über den rund um die Uhr erreichbaren Service Desk der BWI melden – an jedem Tag. Eine Vielzahl der gemeldeten Probleme kann dort dank hoher Eigenkompetenz direkt beim ersten Kundenkontakt gelöst werden.

Über eine Sprachführung via intelligentem Natural-Language-Understanding können Anwender*innen ihre Probleme in gebräuchlicher Sprache schildern und erreichen automatisch den Service-Desk-Mitarbeitenden mit den entsprechenden Kenntnissen. Geht es um größere oder kompliziertere Störungen, übernehmen die Fachexperten des Second- und Third-Level-Supports und kümmern sich um die Lösung. In den meisten Fällen führen Prüfungen von Verbindungen, Backendsystemen oder gegebenenfalls tiefergehende Protokoll- und Logdaten-Analysen zu einer kurzfristigen Behebung.

BWI Mitarbeiter bekommt eine Unterschrift von einem Soldaten für ein Paket © BWI GmbH/Frank Löschke

Ist eine Lösung nur vor Ort möglich, stehen die Techniker im Field-Service aus einem der 17 Standorte in Deutschland zur Verfügung. Falls nötig, tauschen sie defekte Hardware vor Ort aus oder grenzen ein Problem weiter ein. Während des gesamten Lösungsprozesses werden Anwender*innen transparent mit aktuellen Informationen auf dem Laufenden gehalten. Die Erkenntnisse aus den behobenen Störungen werden über ein Wissens-Management allen Beteiligten im Servicedesk zugänglich gemacht, um ähnliche Fälle – wie schon erwähnt – auch künftig direkt beim Erstkontakt lösen zu können.

Auf die Sicherheit der Daten kommt es an

Im Bundeswehr-Umfeld sind besondere Sicherheitsanforderungen selbstverständlich. Oft zielen Cyberangriffe auf vertrauliche Daten ab, die auf den IT-Systemen verarbeitet werden. Deshalb kommt der Cybersicherheit bei der BWI eine so große Bedeutung zu – im operativen Betrieb genauso wie in allen strategischen Überlegungen und Entwicklungen. Bei allen bereitgestellten Lösungen ist sie von Beginn an fester Bestandteil. Dabei betrachtet die BWI das Themenfeld Cybersicherheit ganzheitlich, damit sie auch künftig ein sicheres, resilientes IT-System zur Verfügung stellen kann, das Gefahren effizient abwehrt und nach einem Angriff schnell wieder verfügbar ist. Dazu gehört für die BWI auch die Weiterbildung und Sensibilisierung ihrer Mitarbeiter*innen, die technische Weiterentwicklung von Tools und Systemen und ein aktives Management erkannter Risiken.

Auch im Ausland ein verlässlicher Partner

Die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sind nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Ländern weltweit im Einsatz. Dabei müssen sie sich auch im Auslandseinsatz auf IT-Services und digitale Lösungen verlassen können. Ein gutes Beispiel für den IT-Betrieb der BWI im Ausland, ist das Bundeswehr-Kontingent der Kosovo Force (KFOR) in Pristina. Darüber hinaus betreut die BWI weitere Standorte im Ausland. Mit ihrer Einheit „International Mission & Training“ (IM&T) unterstützt die BWI militärische Übungen, Missionen und führt gemeinsam mit der Bundeswehr Schulungen für IT-Personal durch. IM&T steuert und überwacht, in enger Zusammenarbeit mit den militärischen IT-Experten der Bundeswehr vor Ort in Pristina, seit 2018 den gesamten IT-Betrieb aus Deutschland. Künftig soll die BWI ihre Services weltweit erbringen und schafft aktuell die Voraussetzungen dafür.

Ein funktionierender IT-Betrieb ist alternativlos, damit die Angehörigen der Bundeswehr ihren Dienst erbringen können. Dafür geben die vielen Kolleginnen und Kollegen im Betrieb der BWI jeden Tag ihr Bestes.

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