Blick auf die Bühne im großen Saal des KOSMOS Berlin während der Eröffnungsrede von BWI-CEO Frank Leidenberger© BWI GmbH/Ilya Pusenkoff
BWI Industry Days 2024

Mehr Mut, mehr Zusammenarbeit, mehr Geschwindigkeit

4 min
16. September 2024

Am 10. und 11. September hat die BWI, der primäre Digitalisierungspartner der Bundeswehr, Vertreter*innen aus Wirtschaft, Militär, Politik, Wissenschaft und Forschung zu den BWI Industry Days 2024 eingeladen. Das Leitthema des jährlich statt findenden Flagschiff-Events der BWI für die IT-Branche im Verteidigungssektor: „Digitaler Beitrag zur Einsatzfähigkeit der Bundeswehr”.

1961 galt es als modernstes Filmtheater der DDR, das KOSMOS in Berlin-Friedrichshain. Zwei Tage lang beherbergte das frühere Großraumkino die über 500 Teilnehmenden der BWI Industry Days 2024, die die BWI zusammen mit der Deutschen Gesellschaft für Wehrtechnik e. V. veranstaltet hat. Der Mix aus Vertreter*innen aus Bundeswehr, NATO, Industrie, Politik sowie Wissenschaft und Forschnung ist zugleich Träger einer der zentralen Botschaften der Veranstaltung: Die Aufgaben, vor denen die Bundeswehr steht, sind genauso groß wie dringlich und können nur im engen Zusammenwirken mit der Industrie bewältigt werden.

Frank Leidenberger steht am Redepult. Es wurde aus der sitzenden Menge fotografiert. © BWI GmbH/Ilya Pusenkoff

„Wir müssen uns auf einen dauerhaften Konflikt, eine ‘persistent competition‘ einstellen“, sagte Frank Leidenberger Chief Executive Officer der BWI in seiner Begrüßungsrede. Über allem liege eine exponentielle und tiefgreifende technologische Entwicklung. Der Bundeswehr müsse es gelingen, digitale Kerntechnologien allen voran Cloud und Künstliche Intelligenz militärisch nutzbar zu machen – auch und gerade zum Schutz der eigenen Soldatinnen und Soldaten. Sie müsse in den kommenden fünf Jahren zu einer kriegstüchtigen, abschreckungsfähigen und technologisch zukunftsfähigen Armee werden. „Wir müssen gemeinsam die Entschlossenheit aufbringen, das umzusetzen“, appellierte Leidenberger. Die BWI verstehe sich dabei in der Mittlerrolle zwischen Bundeswehr und Industrie und werde alles dafür tun, gemeinsam nach vorne zu kommen.

Im Zeichen der Zeitenwende

Damit standen die BWI Industry Days auch im dritten Jahr der Zeitenwende unter den Eindrücken des Konflikts in Osteuropa. Generalleutnant Andreas Hoppe, Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr, bezeichnete den Krieg in der Ukraine in seiner Keynote als eine Zäsur für die sicherheitspolitische Architektur Europas. Man habe jahrelang geglaubt, Konflikte würden nur noch am Verhandlungstisch und nicht mehr auf dem Gefechtsfeld ausgetragen. Der Angriff Russlands auf die Ukraine hat diese Annahme widerlegt und in der Folge zu einer der grundlegendsten Kurskorrekturen in der Geschichte der deutschen Streitkräfte geführt. Der Krieg mache bewusst, dass es Frieden, Freiheit und Demokratie nicht umsonst gibt, konstatierte Hoppe.

Generalleutnant Hoppe steht am Rednerpult. © BWI GmbH/Ilya Pusenkoff

Die Bundeswehr richtet sich seit 2022 auf die neue Bedrohungslage in Europa aus. Erstmals nach Ende des Kalten Krieges muss sie wieder in der Lage sein, in einem militärischen Konflikt dauerhaft und gegen einen technologisch gleichwertigen Gegner zu bestehen. Oder besser noch: Einen Konflikt durch die Fähigkeit zur Abschreckung ganz verhindern. Im Zentrum dieser Neuausrichtung steht die eigene Kriegstüchtigkeit durch Reformen, der Beschaffung von Ausrüstung und Material sowie dem Fähigkeitsaufbau, damit Deutschland sich und seine Verbündeten schützen kann.

Vom Inland bis in die Einsätze

Digitalisierung ist ein wesentlicher Bestandteil dieses Fähigkeitsaufbaus. Genauso wie der Modernisierung und Effizienzsteigerung der Bundeswehr. Streitkräfte müssen sicher und robust miteinander vernetzt sein und zu jederzeit Zugriff auf alle einsatzrelevante Informationen haben, um in Einsätzen bestehen zu können. Hinzu kommt, dass Kriege heute nicht nur in den klassischen militärischen Dimensionen Land, Luft und See geführt werden, sondern auch im Cyber- und Informationsraum. Die Grenzen verwischen. „Kriegstüchtigkeit gibt es im 21. Jahrhundert nur in Verbindung mit digitaler Kriegstüchtigkeit“, hielt Vizeadmiral Dr. Thomas Daum, Inspekteur Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr, fest. Nur wer Daten schneller und umfangreicher erfassen und zu einem belastbaren Lagebild zusammenführen kann und auf dessen Grundlage die besseren Entscheidungen trifft, werde im Gefecht siegreich sein. „Auf eine einfache Formel zusammengefasst: Informationsüberlegenheit wird zu Führungsüberlegenheit und die wird zu Wirkungsüberlegenheit“, so Daum.

Vizeadmiral Dr. Thomas Daum auf der Bühne am Rednerpult. © BWI GmbH/Ilya Pusenkoff

Digitale Kriegstüchtigkeit fängt mit einem funktionierenden IT-System im Inland an. Deshalb soll die BWI nicht nur zu jeder Zeit den sicheren Betrieb sicherstellen, sondern auch dessen Resilienz und Leistungsfähigkeit steigern, unter anderem durch die Bereitstellung hochverfügbarer, sicherer, skalierbarer, dynamischer und automatisierter Infrastrukturen in Form von Cloud sowie sicheren und leistungsfähigen Netzen und Rechenzentren. Und neben der Erhöhung der Einsatzfähigkeit soll das dringend benötigte Personal der Bundeswehr durch die Digitalisierung von Prozessen entlastet und die eigene Organisation modernisiert werden, um mit technologischem Fortschritt und demografischem Wandel mithalten zu können. Das bedeutet auch, dass die BWI neben der administrativen IT im Inland mehr und mehr einsatznahe IT-Services für die Bundeswehr entwickeln und bereitstellen muss.

„Es ist schwer abzuschätzen, wie sich Bedarfe für unsere Infrastruktur mittel- und langfristig in Menge, Form und Qualität entwickeln werden“, sagte Christian Marwitz, Chief Digital Officer der BWI. Gemeinsam mit Auftraggeber und Partnern sei es aber gelungen, einen Weg zu finden, eine grundbefähigende Infrastruktur bereitzustellen, die diesen dynamischen Bedarfen gerecht werden kann. „Wir haben gemeinsam eine Basis geschaffen, für das, was eigentlich wichtig ist: echte Digitalisierung“, zog Marwitz Zwischenbilanz. In den vergangenen drei Jahren habe die BWI mit ihren Industriepartnern den Aufbau einer eigenen private Cloud für die Bundeswehr (pCloudBw) vorangetrieben. „Es ist eine wichtige Voraussetzung, um das was wir hier in den letzten beiden Tagen besprochen haben, überhaupt möglich zu machen: den Umgang mit großen Datenmengen, die Bereitstellung notwendiger Rechen-und Speicherkapazität und von verlegefähigen Lösungen zu ermöglichen – dynamisch, hochverfügbar, sicher“, so Marwitz.

Christian Marwitz auf der Bühne während seiner Rede. Es ist aus der sitzenden Menge fotografiert. © BWI GmbH/Ilya Pusenkoff

Mehr Fehlerkultur, mehr Zusammenarbeit

Es liegt noch viel Arbeit vor der Bundeswehr, der BWI und ihren Partnern und die Zeit drängt. Die Kriegstüchtigkeit der Bundeswehr ist ein unverrückbares Ziel. Dafür braucht es zum einen die nötige Finanzierung, für die mit den Mitteln aus dem Sondervermögen und dem wachsenden Wehretat zumindest ein Grundstein gelegt ist. Zum anderen – und das waren zwei weitere zentrale Botschaften der diesjährigen BWI Industry Days – braucht es Menschen und Mut. Den Mut zur Offenheit und den Mut Fehler zu machen. Learn from failures and make as many failures as you can in your life – dazu ermutigte Keynote-Speaker Dr. Tymofiy Mylovanov, President der KYIV School of Economic. Denn man lerne aus Fehlern, nicht aus Erfolgen. Ein agiles Mindset, Offenheit und eine radikale Fehlerkultur sind für den früheren Minister für wirtschaftliche Entwicklung, Handel und Landwirtschaft der Ukraine wesentliche Schlüssel für mehr Innovationsgeschwindigkeit. Er sprach auf den BWI Industry Days über die von ihm beobachteten Prinzipien von Innovationszyklen in Kriegszeiten und einer erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen Militär und Industrie.

BWI-Geschäftsführerin Katrin Hahn rief zu Dialog und Mitgestaltung auf © BWI GmbH/Ilya Pusenkoff

Von dieser Denkweise in der Umsetzung könne die Bundeswehr lernen, ist Vizeadmiral Daum, Aufsichtsratsvorsitzender der BWI, überzeugt: „Wir müssen lernen (…) kurzfristig Anpassungen vorzunehmen, flexibel und agil auf Techniken umzuschwenken und Verfahren und Taktiken anzupassen.“ Dafür müssen die Partner des Ökosystems aus Bundeswehr, BWI und Industrie unter den gegebenen und nicht immer optimalen Voraussetzungen, von allen Möglichkeiten zur Gestaltung Gebrauch zu machen. Katrin Hahn, Chief Resources Officer der BWI, appellierte in ihrer Keynote vorhandene Handlungsspielräume insbesondere im Vergabewesen zu nutzen: „Wir haben begrenzte Mittel, wir stehen erst am Beginn eines notwendigen Mindset-Wandels in unserer Gesellschaft, wir haben an vielen Stellen unveränderte rechtliche Rahmenbedingungen und tiefgehende, aufwendige Abstimmungsprozesse.“ Aber Aufgeben sei keine Option und nur über das zu diskutieren, was unzureichend ist, sei der falsche Weg. „Wir erreichen die geforderte Geschwindigkeit, Dynamik und Flexibilität nur als Gesamtsystem und unter Ausnutzung aller uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten“, so die BWI-Geschäftsführerin.

6,025 Milliarden Euro geplante Vergaben

Bei allen Herausforderungen gibt es auch Grund zur Zuversicht: Man fange nicht bei Null an, sagte Bitkom-Präsident Dr. Ralf Wintergerst. Europa sei innovativ, die Mittel seien da, auch wenn sie manchmal zu langsam abfließen. Deutschland habe Unternehmen, die bereit sind zu investieren, und eine Bundeswehr und BWI, die Bedarf haben. Wie groß dieser Bedarf ist, machte Sandra Luppa aus dem Procurement der BWI konkret. Bei den BWI Industry Days stellte sie die Vergabe-Roadmap der BWI für die kommenden fünf Jahre vor. Bis 2029 plant das Unternehmen zusätzliche Aufträge in Höhe von 6,025 Milliarden Euro an die Wirtschaft zu vergeben.

Sandra Luppa steht auf der Bühne am rednerpult und schaut zur Präsentation auf welcher die Eröffnungsslide der Vergaberoadmap zu sehen ist. © BWI GmbH/Ilya Pusenkoff

Als Gesellschaft in hundertprozentigem Bundeseigentum und öffentlicher Auftraggeber unterliegt die BWI dem Vergaberecht der Europäischen Union. Mit der nun veröffentlichten Roadmap für die Jahre 2024 bis 2029 informiert das Unternehmen über geplante Ausschreibungen ausdrücklich in Form von nicht verbindlichen Planungsdaten. Das Ziel: mehr Transparenz zwischen öffentlichem Auftraggeber und Wirtschaft und damit eine bessere Planbarkeit. Das geplante Vergabevolumen schafft Raum für unterschiedliche Möglichkeiten der Partnerschaft: von Arm’s-Length-Kooperation, über klassische Vergaben, bis hin zu Joint Ventures. Gemeinsam mit der BWI können Industriepartner so einen wichtigen Beitrag zur Modernisierung und Digitalisierung und damit zur Einsatzfähigkeit der Bundeswehr leisten.

Gemeinsam! Das ist das Fazit der BWI Industry Days 2024.

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