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„Digitale Souveränität ist Handlungsfreiheit“

4 min
6. Oktober 2020

Zu den Kernaufgaben der BWI gehört es, die digitale Transformation der deutschen Streitkräfte zu unterstützen. Neben den Chancen der Digitalisierung muss sie die Herausforderungen bewältigen. Damit die Bundeswehr ihren verfassungsmäßigen Auftrag erfüllen kann, ist digitale Souveränität eine notwendige Bedingung. Bereits die Existenz der BWI ist dabei ein wichtiger Bestandteil.

Am 1. Juli dieses Jahres hat Deutschland zum 13. Mal die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union (EU) übernommen. Unter dem Motto „Gemeinsam. Europa wieder stark machen“ setzt sich die Bundeskanzlerin für ein innovativeres Europa ein. Die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft voranzubringen, ist ein formuliertes Ziel der deutschen EU-Ratspräsidentschaft. Zentrales Leitmotiv der Digitalpolitik auf europäischer und nationaler Ebene ist digitale Souveränität. Sie soll Europas Wettbewerbsfähigkeit stärken, Deutschlands Unabhängigkeit festigen und die gemeinsamen Werte bewahren.

Als IT-Systemhaus und Digitalisierungspartner der Bundeswehr gehört es zu den Kernaufgaben der BWI, die digitale Souveränität der deutschen Streitkräfte im Sinne ihrer Anforderungen an den täglichen IT-Betrieb sicherzustellen und zu stärken. Dabei ist es notwendig, die Entscheidungsfreiheit sowie die Kontroll- und Handlungsfähigkeit zu erhalten und die Souveränität der Leistungserbringung ständig zu überprüfen und – wo erforderlich – auszuweiten.

Souveränität by Design

Bereits die Gründung der BWI am 28. Dezember 2006 als öffentlich-private-Partnerschaft und die Fortführung ab 2017 als hundertprozentige Gesellschaft des Bundes folgten der Logik digitaler Souveränität: Bundeswehr und Bund haben ihr eigenes IT-Systemhaus, das in ihrem Auftrag am Markt agieren kann. Das schafft Handlungsspielräume für die Bundesrepublik Deutschland: nicht zuletzt durch die Größe der Gesellschaft mit ihren über 5.000 Mitarbeiter*innen sowie ihrem Know-how in der Entwicklung und dem Betrieb großer, komplexer IT-Systeme.
 

Die BWI kann auf einen einzigartigen Erfahrungsschatz zurückgreifen, den sie in einem der größten IT-Konsolidierungs- und Modernisierungsprojekte Deutschlands erlangt hat. Mit „HERKULES“ hat sie die nichtmilitärische Informations- und Kommunikationstechnik der deutschen Streitkräfte in zehn Jahren standardisiert, zentralisiert und fast vollständig erneuert. Heute betreibt die Bundeswehr das IT-System zusammen mit der BWI selbst, hat Betrieb und Sicherheit somit in der eigenen Hand.
 

Die eigene Fachkompetenz erlaubt es nicht nur vertragliche Regelungen mit Lieferanten zu schließen, die für ein IT-System in dieser Komplexität und Größe nötig sind. Die BWI treibt gemeinsam mit der Bundeswehr auch deren Digitalisierung voran. Sie entwickelt das IT-System der deutschen Streitkräfte kontinuierlich weiter, hin zu einer durchgehenden Serviceorientierung auf Grundlage neuer Trends, Architekturen und Technologien und stärkt so auch deren digitale Souveränität. Dabei werden zum Beispiel Abwehrmöglichkeiten und Schutzmaßnahmen im Cyber- und Informationsraum von Beginn an berücksichtigt und eingebaut – Souveränität und Resilienz by Design.

„Bereits die Gründung der BWI folgte der Logik digitaler Souveränität.“

Dr. Stefan Tilmes, Leiter Strategic Projects Innovation & Technology, BWI

Alternativen, Standardisierung und Partnerschaften

Die Wahrung digitaler Souveränität ist dabei weit mehr als eine Einteilung in vordergründig “böse“ oder “gute“ Hersteller oder Liefernationen. Das ist alleine schon aufgrund der vielfältigen internationalen Verflechtungen oftmals gar nicht möglich. Wichtiger ist die Betrachtung verschiedener Dimensionen digitaler Selbstbestimmung: Steht für die Umsetzung einer Fähigkeit tatsächlich nur genau ein Produkt ohne Alternative zur Verfügung? Dann muss eine Mitigationstrategie her, um die verbundenen Risiken zu steuern. Das ist zum Beispiel durch vertragliche, besser aber noch durch technische Maßnahmen möglich. Ist eine kommerzielle Lösung oder vielleicht eine Open-Source-Software besser geeignet, den jeweiligen Prozess zu digitalisieren?
 

Es gibt weitere wesentliche Dimensionen, wie zum Beispiel die Operationalisierung von Innovationen zu Services unter Berücksichtigung von „de-Facto-Standards“, Anforderungen an die Skalierbarkeit von Leistungen und die Sicherstellung der Interoperabilität auch im multinationalen Kontext Deutschlands und seiner Bündnispartner. Darüber hinaus werden Schwächen von genutzten Produkten durch eine resiliente IT-Architektur beherrschbar gemacht. Der Schlüssel zu digitaler Souveränität ist stets, sich über technische, marktbedingte oder politische Abhängigkeiten bewusst zu werden und die verbundenen Risiken zu identifizieren und aktiv zu steuern.
 

Außerdem muss im Rahmen der Gesetzgebung mit Blick auf nationale Sicherheitsinteressen und Schlüsseltechnologien ein Ökosystem mit vertrauenswürdigen Partnern aufgebaut werden. Dabei gilt es, in der öffentlichen Auftragsvergabe mögliche Spielräume aktiv zu nutzen und auszuschöpfen. Die passgenauen Lösungen für die Bundeswehr zu entwerfen und umzusetzen, ist dabei Aufgabe der BWI.

„Digitale Souveränität bedeutet mehr als die Frage, ob und welche Produkte eingesetzt werden.“

Dr. Stefan Tilmes, Leiter Strategic Projects Innovation & Technology, BWI

Fazit: Digitale Souveränität ist Handlungsfreiheit

Digitale Souveränität bedeutet mehr als die Frage, ob und welche Produkte eingesetzt werden. Ihr oberstes Ziel ist es, beim Konzipieren, Entwickeln und Betreiben digitaler Lösungen frei handeln zu können. Bewertungskriterium ist dabei immer die Gesamt-Resilienz eines IT-Systems oder -Lösung. Mit der BWI als bundeseigener Gesellschaft hat die Bundeswehr den Betrieb in der eigenen Hand.
 

Ein Ökosystem vertrauenswürdiger Partner zu stärken sowie den Reifegrad der IT-Architektur, der Organisation und des Know-hows und der eigenen Belegschaft ständig zu erhöhen, sind bei solchen komplexen und großen IT-Systemen elementar, um eine Souveränität auch tatsächlich leben zu können. Darüber hinaus stellt die BWI mit ihrem integrierten Innovations-, Portfolio-, Architektur- und Technologiemanagement sicher, dass sich das IT-System der Bundeswehr immer auf dem aktuellsten Stand der passenden Technik befindet und die nötigen Weichen für die Zukunft gestellt werden.
 

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