BWI-CEO Martin Kaloudis in seiner Keynote auf dem Digitalen Staat 2020 in Berlin © Klaus Dombrowsky/Behörden Spiegel© Klaus Dombrowsky/Behörden Spiegel

Digitaler Staat 2020: Agile Verwaltung und digitale Souveränität  

4 min
9. März 2020

Wie kann der öffentliche Sektor agil werden? Wie gelingt staatliche Selbstbestimmung bei der Digitalisierung? Und welche Rolle spielen Bürger? Unter dem Motto „Agil, legitim und elegant“ haben sich am 3. und 4. März Vertreter aus Politik, Verwaltung, Wissenschaft und Wirtschaft in Berlin zu aktuellen Herausforderungen und Lösungsansätzen der Digitalisierung ausgetauscht.

Verwaltung halte den Staat im Inneren zusammen, sagte Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung im Bundeskanzleramt und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, bei der Eröffnung der 23. Ausgabe des Digitalen Staats im Berliner Kino Kosmos. „Damit in unserem Land alles so bleibt, wie es ist, muss sich einiges ändern“, sagte die Schirmherrin des Fachkongresses. Um herauszufinden, was Bürgerinnen und Bürger in Zeiten des digitalen Wandels wollen, müsse der öffentliche Sektor die eigene Rolle neu definieren. Er müsse als Dienstleister auftreten und dem Bürger auf Augenhöhe begegnen. Seine Perspektive sei in Zeiten des digitalen Wandels wichtiger denn je.

Verlässlichkeit, Effizienz, Agilität

In ihrer Keynote lobte Bär die Arbeit der 33 Digitalisierungslabore, in denen nutzerzentrierte Verfahren wie Wohn- und Kindergeld entstehen. Lösungen müssten vor allem einfach sein. „Bedenkt man, dass sich der Verwaltungskontakt vieler Bürgerinnen und Bürger auf zwei Mal im Jahr beschränkt, muss die Qualität der angebotenen Dienstleistungen entsprechend hoch sein”, so die Staatsministerin. Andernfalls fehle Akzeptanz.

Auch die kürzlich verabschiedete Datenstrategie der Bundesregierung war Thema. Sie hat das Ziel, datengetriebene Innovationen „made in Germany“ und den verantwortungsvollen Umgang mit Daten zu fördern. Um neue Anwendungen möglichst flexibel voranzubringen, soll ergänzend zu den bisherigen Maßnahmen bis Sommer diesen Jahres im Bundeskanzleramt die agile Umsetzungseinheit „Digital Transformation Team” ihre Arbeit aufnehmen.

Teil des Transformationsprozesses sei auch die Anpassung interner Prozesse und Strukturen der Bundesverwaltung. „Um in Zukunft agil sein zu können, müssen wir von starren und hierarchischen Strukturen ablassen, die im öffentlichen Sektor noch immer vorherrschen.”

„Die Verwaltung muss den Markenkern ihrer Verlässlichkeit behalten und gleichzeitig effizienter und agiler werden.“

Dorothee Bär, Staatsministerin für Digitalisierung im Bundeskanzleramt und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung

Top-Thema Digitale Souveränität

Auf dem Digitalen Staat war ein Thema allgegenwärtig: Digitale Souveränität. Die Referierenden und Panelisten gingen der Frage nach, wie in Deutschland Sicherheit, Eigenständigkeit und vertrauenswürdige Infrastrukturen bei der Digitalisierung gelingen können. Martin Kaloudis, Chief Executive Officer der BWI, präsentierte die Sicht des IT-Systemhauses und Digitalisierungspartners der Bundeswehr auf das Thema.

Digitalisierung sei im öffentlichen Sektor längst nichts Neues. Geschwindigkeit, Wucht und Innovationskraft von Bürgern, anderer Staaten und der Industrie sind gewaltig. Gemeinsame Aufgabe und Herausforderung sei „ein digitaler Staat mit digitaler Souveränität“. Das sei ein bisher nicht dagewesenes Spannungsfeld aus Innovationskraft, Sicherheit, Leistungsfähigkeit sowie Geschwindigkeit. In diesem Spannungsfeld gelte es für die Verteidigung, „Schlüsseltechnologien zu definieren, die Innovationsfähigkeit zu steigern, vertrauenswürdige IT zu nutzen, die Kernführungsfähigkeit zu erhalten und eigene Kompetenzen auszubauen“. Mut, Tempo und Kollaboration seien hierbei wichtig und „ein kollaboratives Öko-System zwischen Industrie, Behörden und Verwaltung“, so Kaloudis.

„Ein digitaler Staat mit digitaler Souveränität ist ein bisher nicht dagewesenes Spannungsfeld.“

Martin Kaloudis, Chief Executive Officer der BWI

Agile Organisation – Verwaltung im Wandel

Kollaboration und Agilität waren auch Themen der Expertenrunde „Agile Organisation – Verwaltung im Wandel“, an der unter anderem Matthias Görtz, Chief Technology Officer der BWI, teilnahm. In dem Panel ging er auf Agilität bei der Bundeswehr und ihrem IT-Dienstleister BWI ein. „Methodische, nutzerzentrierte Ansätze helfen uns, agil an Lösungen zu arbeiten.“ Ein Beispiel der aktuell rund 40 gemeinsamen Vorhaben sei ein Flugsimulator, der kostengünstig in sechs Monaten entstand. Görtz betonte, dass Agilität indes weit mehr sei, als nur eine Methodik: „Agilität ist Führungskultur und Führungskräfte haben die Aufgabe, das entsprechende Vertrauen aufzubauen.“ Auch in der BWI arbeite man an einer solchen Arbeitskultur.

„Agilität ist Führungskultur.“

Matthias Görtz, Chief Technology Officer der BWI

Eine neue Denkweise

Digitalisierung brauche ein neues Mindset in Staat und Verwaltung. Damit sich das festigt, sei es für Mitarbeitende in Behörden wichtig, sich neue Fähigkeiten anzueignen, sagte Klaus Vitt, Staatssekretär im Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat. Er eröffnete den zweiten Kongresstag und betonte, dass es notwendig sei, agile Arbeitsmethoden sowie den Umgang mit großen Datenmengen und automatisierten Prozessen zu lernen. Zudem sei ein umfassender Schutz der Infrastruktur elementar. „Ohne Cybersicherheit gelingt die Digitalisierung nicht“, sagte Vitt in seiner Eröffnungsrede.

Zwei Tage Fachprogramm zu Digitaler Souveränität, Umgang mit Daten, Automatisierung sowie Side-Events wie die „Sprechstunde Architekturmanagement“ oder „Der agile Methodenkoffer“ zeigen, dass der öffentliche Sektor die Zeichen der Zeit versteht und sich eine neue Denkweise für die Modernisierung der Verwaltung etabliert. Dennoch gibt es immer noch viel zu tun, um bis Ende 2022 über 570 Verfahren zu digitalisieren und Behörden langfristig zu agilen Organisationen zu entwickeln.


Über den Fachkongress

Die Fachzeitung für die Verwaltung veranstaltet den Kongress Digitaler Staat seit über 20 Jahren. Die Veranstaltung versteht sich als Informations- und Dialogplattform für Vertreterinnen und Vertreter aus Verwaltung, Politik, Wirtschaft und Wissenschaft. Rund 1.500 Vertreter folgten in diesem Jahr der Einladung des Behörden Spiegels, sich über aktuelle Themen der digitalen Verwaltungsarbeit zu informieren.
 

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