Matthias Görtz, Chief Technology Officer der BWI, während seiner Keynote© BWI GmbH/Frank Völker
Symposium in Berlin

Bundeswehr und BWI rüsten sich für Quantenzeitalter

2 min
10. Oktober 2022

Verteidigungsministerium und BWI GmbH haben am Ende September in Berlin das erste Symposium zur „Operationalisierung von Quantentechnologien für die Bundeswehr“ (QT4Bw) ausgerichtet. Ziel war es, das technologische Potenzial für die deutschen Streitkräfte zu erschließen. Konkrete Lösungsansätzen im Bereich der Quantenkryptographie erproben die beiden Partner bereits.

Quantencomputer besitzen potentiell ein Vielfaches an Rechenleistung digitaler Systeme und eröffnen so völlig neue Wege der Datenverarbeitung. Entsprechend groß sind die Erwartungen. In ihrer vorgelegten Digitalstrategie zählt die Bundesregierung Quantencomputer zu den Schlüsseltechnologien und fördert diese mit insgesamt zwei Milliarden Euro. Die technologischen Fortschritte der letzten Jahre zeigen, dass kommerziell verfügbare Systeme nicht mehr weit sind: Schon 2030 könnten sie auf dem Markt sein.

Erfordernis zum Handeln

„Quantentechnologien haben einen Reifegrad erreicht, der zu hoch ist, um ihre Auswirkungen auf Staat und Wirtschaft zu ignorieren“, sagt Dr. Manfred Lochter, Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI). Für das Fähigkeitsprofil der Streitkräfte und damit ihre Verteidigungsfähigkeit seien sie erheblich – und zwar über die gesamte „Wertschöpfungskette“ hinweg: Führen, Aufklären, Wirken und Unterstützen. Entsprechend betrachten Bundeswehr und BWI innerhalb des Technologie-Managements alle relevanten Kategorien von Quantentechnologien: Computing, Kommunikation und Sensorik. Hochentwickelte Navigations-, Aufklärungs- und Überwachungssysteme etwa, wie sie für das Future Combat Air System nötig sind, werden kaum ohne Quantensensorik auskommen.

„Nach zwei Jahrzehnten aktiver Grundlagenforschung zeichnen sich vielversprechende Anwendungen ab“, erklärt Matthias Görtz, Chief Technology Officer der BWI. Die zweite Generation von Quantencomputern verspreche disruptive Innovationen. Allerdings ist der Reifegrad von Quantentechnologien unterschiedlich: Einige stünden kurz vor einer operativen Nutzung, andere würden sich erst am Horizont abzeichnen. „Wir müssen jetzt aktiv werden, um eine rechtzeitige Integration sicherstellen zu können“, betont Görtz. Nicht zuletzt, weil die langen Beauftragungs- und Beschaffungszyklen im öffentlichen Sektor im Konflikt zur rasanten technologischen Entwicklung stünden.

Erprobung quantensicherer Kryptographie

„Quantum Key Distribution“ (QKD), also der Quantenschlüsselaustausch ist das meist erforschte Verfahren in der Quantenkryptographie und besitzt das höchste sogenannte Technology Readiness Level. Laut Potentialabschätzung könnte diese Verschlüsselungs-Methode in den nächsten Jahren in der Bundeswehr genutzt werden. „Im Hochsicherheitsbereich arbeiten wir unter der Hypothese, dass es Anfang der 2030er Jahre mit signifikanter Wahrscheinlichkeit einen kryptografisch relevanten Quantencomputer geben wird“, sagt Manfred Lochter.

Ein Wettrennen mit der Zeit. Denn die heute verwendeten Verschlüsselungsmethoden lassen sich mit Quantencomputern theoretisch problemlos knacken. Kritische Infrastrukturen und mit ihnen vertrauliche Informationen wären in Zukunft nicht mehr sicher. Ergo müssen sie mit quantenresistenten Kryptoverfahren verschlüsselt werden. Daher erprobt die BWI zusammen mit der Universität der Bundeswehr München (UniBw M) und weiteren Partnern seit Jahresbeginn den Quantenschlüsselaustausch.

Operationalisierung von Quantentechnologien

Um die deutschen Streitkräfte zukunftssicher auszurichten, haben die Abteilung Planung im Bundesministerium der Verteidigung (BMVg), das Planungsamt der Bundeswehr und die BWI die Initiative ergriffen, um sich erstmals zusammen mit Partner*innen aus Forschung und Verwaltung während eines Symposiums zu dem Technologiepotenzial zu beraten.

Stakeholder aus der Bundeswehr, Vertreter*innen des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, des Wirtschaftsministeriums, des BSI sowie aus Verbänden und Forschungseinrichtungen, wie etwa der Agentur für Innovation in der Cybersicherheit oder der Fraunhofer-Gesellschaft haben teilgenommen. Neben Vorträgen und Workshops präsentierte die BWI gemeinsam mit der UniBw M auf dem Quantensymposium einen QKD-Laboraufbau.

„Wir kommen aus den vergangenen zwei Tagen mit einem besseren Verständnis über potentielle Anwendungsfälle, nötige Erprobungsschwerpunkte und die konkreten nächsten Schritte“, so Matthias Görtz. BMVg und BWI planen mit dem Format in Serie zu gehen, um die Operationalisierung von Quantentechnologien in der Bundeswehr interdisziplinär und bereichsübergreifend voranzubringen.

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