BWI-CEO Martin Kaloudis während seiner Keynote auf dem Digitalen Staat 2020 © Klaus Dombrowsky/Behörden Spiegel© Klaus Dombrowsky/Behörden Spiegel

Digitale Souveränität: Balance zwischen Selbstbestimmung und Abhängigkeit

4 min
25. März 2020

Die Corona-Krise zeigt, wie wichtig die Handlungsfähigkeit eines Staates auch und gerade in Ausnahmesituationen ist. Behörden sind gefordert, ihre Bürger zu schützen, Versorgung und Lieferketten zu sichern, aber auch Daten und Technologien souverän zu nutzen. Die Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit und des Krisenmanagements. Ein wichtiger Aspekt dabei ist digitale Souveränität. Sie war ein Schwerpunktthema beim Fachkongress Digitaler Staat, auf dem die BWI ihre Sicht als IT-Systemhaus der Bundeswehr vorstellte.

Im Zeitalter von Cyberangriffen, Datendiebstahl und „Fake News“ hat der Staat die wichtige Aufgabe, digitale Räume für Bürgerinnen und Bürger zu schaffen und diese auch zu sichern, die darin befindlichen Daten zu schützen und die Entwicklung von Schlüsseltechnologien voranzutreiben. Cybersicherheit spielt laut Klaus Vitt, Staatsekretär im Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat (BMI), eine wichtige Rolle, um die Digitalisierung des Staates erfolgreich umzusetzen. In seiner Keynote auf dem Digitalen Staat stellte er eine Hauptanforderung an die Verwaltung der Zukunft vor: Sie müsse die Infrastruktur und die darin gespeicherten Informationen und Daten schützen. Es gehe um Resilienz, Selbstbestimmung und Digitale Souveränität, die Susanne Dehmel, Geschäftsleiterin beim Bitkom als Balance zwischen „digitaler Selbstbestimmung und digitaler Abhängigkeit“ beschrieb.

 

Wie kann die digitale Balance gelingen? Indem Staat und Verwaltung im Cyberraum eigenständig und unabhängig handeln. Mit dem auf dem Kongress oft zitierten Projekt GAIA-X beispielsweise möchte die Bundesregierung eine sichere und vertrauenswürdige Dateninfrastruktur für Europa aufbauen. Auch die Einrichtung der Bundescloud hat das Ziel, eine sichere digitale Infrastruktur für die Bundesverwaltung zu schaffen, um darin befindliche Daten von Behörden und Ministerien sicher zu speichern.

„Ohne Cybersicherheit kann die Digitalisierung von Staat und Verwaltung nicht gelingen.“

Klaus Vitt, Staatssekretär im Bundesministerium des Inneren, für Bau und Heimat

Bundesregierung will Abhängigkeiten reduzieren

Um die Sicherheits- und Verteidigungsindustrie zu stärken, hat die Bundesregierung kürzlich ein Strategiepapier erarbeitet, das wichtige Parameter für die Sicherheit in Deutschland und Europa definiert. Demnach müssen Sicherheits- und Streitkräfte bestmöglich ausgerüstet, kritische Infrastrukturen zu jedem Zeitpunkt gewährleistet sein und notwendige Schlüsseltechnologien sollen von dauerhaft vertrauenswürdigen Herstellern bezogen werden. Um digitale Souveränität und Resilienz gegenüber hybriden Bedrohungen – also dem Mix aus klassischen militärischen Angriffstechniken, Computerangriffen oder Propaganda in sozialen Medien – zu erreichen, ist der Staat gefordert, seine Abhängigkeit von ausländischen Technologien zu reduzieren.

Vertrauenswürdige IT, Schlüsseltechnologien und Kollaboration

Auch das Bundesministerium der Verteidigung möchte im Cyber- und Informationsraum selbstbestimmt, sicher und frei von ungewollter Einflussnahme Dritter agieren. Für die Bundeswehr ergeben sich daraus fünf Handlungslinien: Vertrauenswürdige IT nutzen, dazu gehören die Aspekte: Soft- und Hardware, Betriebsumgebung, Lieferketten und Wartung. Weiterhin sollen nationale Schlüsseltechnologien aufgebaut und die Innnovationsfähigkeit gestärkt werden. Auch gilt es, digitale Kompetenzen zu trainieren und die Kernführungsfähigkeit der deutschen Streitkräfte zu erhalten.

Auf dem Digitalen Staat präsentierte Martin Kaloudis, Chief Executive Officer der BWI, die Sicht des IT-Systemhauses und Digitalisierungspartners der Bundeswehr auf das Thema digitale Souveränität. Um die erforderlichen Kontroll- und Handlungsmöglichkeiten zu erreichen, müssen Technologien und Systeme so sicher und verfügbar wie möglich sein, so Kaloudis. Zudem komme es auf Innovationsfähigkeit an, die man weiter stärken müsse und auch auf den Einsatz vertrauenswürdiger Technologien. Die BWI setzt dafür sowohl proprietäre als auch verstärkt offene Systeme und Anwendungen ein. Letztere bieten „mehr Raum für Weiterentwicklung und auch mehr Kontrollmöglichkeiten.“

 

Darüber hinaus betonte Kaloudis, dass Vertrauen ein wesentlicher Aspekt digitaler Souveränität sei. Ob Behörden, Verwaltung oder IT-Dienstleister – „wir sollten alle mehr und über alle Bereiche hinweg vertrauensvoller und transparenter zusammenarbeiten; auch grenzübergreifend.“

„Vertrauenswürdige IT und Kollaboration stärken die digitale Souveränität in Deutschland und Europa.“

Martin Kaloudis, Chief Executive Officer der BWI

Innovation nie zum Preis geringerer Sicherheit

Auch weitere Panelisten und Referierende aus Wirtschaft und Industrie kamen auf dem Digitalen Staat überein, dass Vertrauen, Kooperation und offene Anwendungen wichtige Elemente digitaler Souveränität seien. Für die BWI bedeutet digital souverän zu handeln, die Rolle als IT-Dienstleister der Bundeswehr neu zu definieren – als Partner, der in einem Management-Ökosystem agiert und der Innovationen auch mit agilen Entwicklungsmethoden vorantreibt. Die BWI werde innovativ handeln, aber nie zum Preis einer geringeren Sicherheit. Dieses Spannungsverhältnis gelte es, auch künftig zu steuern.

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