Die Zahl 2023  in leuchten orange auf einem orange blauem Hintergrund in metalloptik© iStock / Antonio Solano
Innovationsfelder 2023

Die BWI richtet sich nach den Trends der Zukunft 

5 min
30. Januar 2023

Die aktuelle Zeit hält einige Herausforderungen bereit, auch an die deutschen Streitkräfte. Neue Technologien und Ansätze beeinflussen die kommenden Jahre. Um diese in der Zukunft besser bewerten und für die Bundeswehr nutzbar machen zu können, fokussiert sich die BWI auf drei Innovationsfelder.

Hybriden Bedrohungen mit Quantentechnologien begegnen

Immer mehr deutsche Wirtschaftsunternehmen werden Opfer von Cyberangriffen durch organisierte Kriminalität. Seit 2019 hat sich ihre Anzahl mehr als verdoppelt: Laut Bitkom waren 2022 51 Prozent betroffen, drei Jahre vorher waren es noch 21 Prozent. Insgesamt entstanden jüngst Schäden von mehreren Hundert Milliarden Euro durch Angriffe auf Unternehmen. Die Täter*innen werden immer professioneller, ihre Methoden komplexer. Und der technologische Fortschritt liefert ihnen neue Mittel und Wege, ihre Ziele anzugreifen. Auch das Militär hat neue Kämpfe auszutragen: Auch jenseits von „kinetischen“ Auseinandersetzungen werden Maßnahmen beispielsweise im ökonomischen oder technologischen Bereich durchgeführt, um politische Interessen durchzusetzen. Das Spektrum reicht beispielsweise von Fake News über Desinformationskampagnen in sozialen Netzwerken mit der Gefahr zur Spaltung der Gesellschaft bis hin zu Cyberattacken auf kritische Infrastrukturen. Ein großes Risiko entsteht, wenn sich durch die zunehmende Digitalisierung physische Dinge aus der virtuellen Welt heraus zerstören lassen. Die Bedrängnis steigt, mit fortschrittlichen Technologien resilienter zu werden, vorbereitet zu sein und hybride Angriffe abzuwehren.

Eine Antwort auf hybride Bedrohungen können Konzepte wie resiliente Organisationen und Infrastrukturen oder Situational Awareness Tools sein, die mit Hilfe von Big Data und KI-Methoden Zusammenhänge von zerstörerischen Ereignissen erkennen. Darüber hinaus sind auch die technologischen Entwicklungen beim Quanten Computing als mögliche Instrumente zur Durchführung, aber auch zur Abwehr hybrider Maßnahmen von Bedeutung.

Deshalb hat die BWI 2022 ein Kompetenzzentrum für Quantentechnologien ins Leben gerufen, das gemeinsam mit Partnern wie der Universität der Bundeswehr verschiedene Technologien im Rahmen von Projekten erprobt. Damit legt sie den Grundstein für weitere nützliche Entwicklungen für die Bundeswehr. Denn mit den Verhaltensweisen der Quantenphysik lassen sich Probleme lösen, die für klassische Computer zu komplex sind und damit neue Möglichkeiten schaffen – allerdings auch auf Seiten der Angreifer*innen. Diese können mit Quantencomputern beispielsweise verschlüsselte Daten der Bundeswehr knacken, die mit heutigen Kryptosystemen gesichert sind: Die Fachwelt geht davon aus, dass Quantenrechner in etwa zehn Jahren aktuelle Verschlüsselungsverfahren brechen können. Die BWI setzt deshalb auf neue Verschlüsselungsverfahren, wie etwa die quantenresistente Kryptographie oder eine Methode für den abhörsicheren Quantenschlüsselaustausch.

Künstliche Intelligenz erreicht das nächste Level

Der Begriff „Künstliche Intelligenz“ (KI) stammt aus den 50er-Jahren. Damals galt ein Computer als intelligent, wenn er im Dialog per Chat nicht von einem Menschen unterschieden werden konnte. Heute ist ChatGPT und DAL-E in aller Munde. Und sie sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken: In Videospielen, Staubsaugerrobotern, Smartphone-Apps und autonomen Fahrzeugen. Fast jede moderne technologische Überlegung arbeitet mit computergesteuerten Elementen oder automatisierten Prozessen. In Zukunft geht es um fortschrittliche KI-Algorithmen und Technologien, die die Leistungsfähigkeit bestehender KI-Systeme erheblich steigern. Hierzu zählen beispielsweise Deep Learning, neuromorphe Technologien, Cloud und Edge Computing und auch hier wieder Quantum Computing.

In den meisten Fällen sind KI-Systeme nützliche Helfer. Doch je fortschrittlicher sie werden, desto größer werden auch die Herausforderungen, sie alltagstauglich zu machen. Künstliche Intelligenz arbeitet mit Datenmengen – je größer sie sind, desto präziser sind auch die Ergebnisse. Hier kommt es auf die Qualität der Informationen an. Sind Datensätze verunreinigt oder gar absichtlich „vergiftet“, zieht die KI falsche Schlüsse, die im schlimmsten Fall zu Schäden führen können. Eine mögliche Antwort ist hierbei das Framework „AI Trust, Risk and Security Management (AI TRiSM)“, das sich mit den ethischen und gesetzlichen Voraussetzungen an die KI-Systeme befasst. Es sollte fest in Unternehmen, die mit KI-Modellen arbeiten, integriert sein, um die Vertrauenswürdigkeit von KI zu erhöhen und sie vor Manipulation zu schützen.

Wie KI mit anderen fortschrittlichen Technologien wie Edge-Computing kombiniert werden kann, zeigen die BWI Innovationseinheit innoX und das KI- und Softwareunternehmen Helsing mit dem Innovationsprojekt „Military IoT für taktische Aufklärung", kurz MITA. Dieses Projekt „MITA“ ist eine Lösung zur KI-gestützten Aufklärung in Echtzeit. In einem mit Sensoren überwachten Bereich werden Menschen und Objekte erkannt. Die gesammelten Daten lassen sich mittels Edge-Computing direkt vor Ort auswerten, durch eine fortschrittliche KI analysieren und in ein dreidimensionales Lagebild überführen. So können Streitkräfte in Sekundenschnelle auf Bedrohungen reagieren und Entscheidungen treffen – direkt im Einsatzgebiet. Das System funktioniert auch autark – etwa bei gestörter oder fehlender Internetverbindung – und kann beispielsweise an Bord militärischer Flugzeuge und Schiffe eingesetzt werden. Mit Projekten wie diesen erprobt die BWI neue technische Lösungen auf dem Gebiet der KI zur Evaluierung und Nutzung bei ihrem Kunden Bundeswehr.

Cybersicherheit muss den Menschen in den Mittelpunkt stellen

Lange galt in der IT-Sicherheit die Devise: „Sicherheit muss weh tun“. Doch wenn die Schmerzen so groß werden, dass sie die Beschäftigten in der Ausübung ihrer Tätigkeit einschränken, werden auch starke Sicherungsmaßnahmen zum Problem. Über 90% an Sicherheitsvorfällen passieren, weil eine Nutzerin oder ein Nutzer auf einen gefälschten Link im Text klickt oder den Anhang einer Mail öffnet. Dabei sind Links und Anhänge dazu gedacht, geöffnet zu werden.

Vor diesem Hintergrund und angesichts der zunehmenden Angriffe aus dem Cyberraum muss Sicherheit neu gedacht werden. Der Schutz vor Datenverlust und Cyberangriffen startet bereits bei den Nutzern*innen. Daher gilt es, beim Design von IT-Produkten und IT-Sicherheitsmaßnahmen den Nutzer in den Mittelpunkt zu stellen, wie es der Ansatz „user-centered secure by design“ vorsieht. Dieser und ein ganzheitliches Sicherheitsvorgehen sind die Hebel für eine robustere und verbesserte Cybersicherheit.

Die Implementierung von Sicherheitstechniken wie Verschlüsselung muss beispielsweise so einfach und robust gestaltet werden, dass die nutzende Person sie gerne und ohne Komplikationen verwenden kann. Durch dieses Nudging sollen die Nutzer*innen dazu motiviert werden, bestimmte Sicherheitswerkzeuge zielgerichtet anzuwenden. Dies führt zu einer höheren Nutzerakzeptanz und damit zu einer stabilen Cybersicherheit. Wenn die Nutzer*innen im Rahmen ihrer Tätigkeit immer wieder gegen Systemgrenzen stoßen, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit dafür, dass sie die Systemgrenzen irgendwann zu überwinden versuchen. Dadurch entsteht ein nicht determinierter Systemzustand, in den uns auch Angreifer bringen möchten. Die technologischen Möglichkeiten für eine nutzerzentrierte Cybersicherheit reichen auch hier vom Einsatz künstlicher Intelligenz über cloudbasierte Sicherheitstools hin zu Identity-first Security, Zero Trust Architectures, Single Sign-On und Multi-Factor-Authentifizierung.

Ein wichtiger Technologietrend im Bereich der nutzerorientierten Cybersicherheit sind digitale Identitäten und Nachweise. Laut ABI Research werden bis 2026 mehr als 850 Millionen Menschen digitale Identitätsdokumente besitzen und nutzen. Physische, staatliche Dokumente von heute wie Personalausweis oder Reisepass lassen sich bald vollständig digital ersetzen und bieten das notwendige Vertrauensniveau für eine weitere Digitalisierung in vielen Bereichen der Verwaltung, der Industrie und des öffentlichen Lebens. Beispielsweise für Antragsprozesse bei Behörden und Ämtern oder die Kontoeröffnung bei Banken und Versicherungen, bei denen eine geprüfte Identität zwingende Voraussetzung ist. Digitale und verifizierbare Lern- und Bildungsnachweise ermöglichen eine vollständig digitale Bewerbung. Digitale Identitätsnachweise sind eine Technologie mit enormem Potenzial. Erfolgreich wird sie jedoch nur sein, wenn die Daten der Nutzer*innen stets ausreichend geschützt sind.

Ein Anwendungsbeispiel dafür ist das von innoX entwickelte „Smart Digital Badge“. Damit lassen sich Zugangsberechtigungen zu Bundeswehr-Liegenschaften auf Basis sicherer, digitaler Identitätsnachweise per App und QR-Code erteilen und überprüfen. Eine Blockchain verhindert dabei Manipulationen der ausgestellten Nachweise und ermöglicht jederzeit eine vertrauenswürdige Verifizierung durch Dritte. Die Nutzer*innen können selbstbestimmt entscheiden, ob und welche Daten aus ihrer digitalen Brieftasche präsentiert werden.

Digitalisierung gelingt nur durch frühzeitige Vorbereitung

Die IT-Landschaft wird sich in den kommenden Jahren auch in anderen Bereichen weiterentwickeln, etwa bei der digitalen Zusammenarbeit oder der Mensch-Computer-Kommunikation. Nur durch eine frühzeitige Vorbereitung kann die Digitalisierung gelingen. Daher ist es wichtig, die aktuellen IT-Trends zu kennen und zu bewerten.

Für die BWI ist Cybersicherheit ein wesentlicher Beitrag zur digitalen Souveränität von Bundeswehr, Staat und Gesellschaft. Bei der Weiterentwicklung von neuen Technologien muss daher der Sicherheitsaspekt in jedem Fall mit bedacht werden – auch im Voraus.

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