Cyberabwehr: Was schützt Deutschland im grenzenlosen Netz?© BWI GmbH

Cyberabwehr: Was schützt Deutschland im grenzenlosen Netz?

4 min
6. Juni 2019

Fake-News, Datenklau, Bot-Fabriken: Die Digitalisierung bringt neue Formen mit sich, Konflikte auszutragen. Welche Abwehrstrategien für Deutschland nötig sind, vertieften Experten im Panel „Cyberwar – Neue Technologien, alte Konflikte?“, in dem sich auch Christopher Waas, Chief Information Security Officer (CISO) der BWI, beteiligte. Auf der 7. Potsdamer Konferenz für Nationale CyberSicherheit diskutierten Ende Mai 2019 Vertreter aus Politik, Wissenschaft und Wirtschaft über Wege für Cybersicherheit und -abwehr.

„Im Cyberraum ist die Gefahrenlage komplex“, berichtete Jürgen Setzer, Generalmajor der Bundeswehr und stellvertretender Inspekteur des Organisationsbereichs Cyber- und Informationsraum. Politische Gegner könnten beispielsweise Daten stehlen, die Warenlogistik unterbrechen oder das Internet und die Stromversorgung lahmlegen. Dahinter stünden „hybride Strategien“, also nicht vorhersehbare Wege der digitalen Kriegsführung, die zum Beispiel Propaganda, Desinformation oder Cybersabotage vereinen. Im Netz zwischen Nutzern, Geräten und Systemen entstehen dadurch völlig neuartige Taktiken und Methoden.

 

Neue Technologien: Hybride Angriffe erfolgen oft in Echtzeit

Das Kernproblem: Im Cyberraum haben Zeit und Ort keine Grenzen mehr. Angreifer können daher aus einer Entfernung von 8.000 Kilometern aktiv werden und ohne Zeitverzug zersetzende Wirkungen erzielen. Viele Attacken bleiben unter der Schwelle der klassischen Kriegsführung. Sie laufen gewaltfrei, nutzen unklare Absender und Zuständigkeiten. Sie erfinden sich beständig neu und arbeiten mit Verschleierungstaktiken. Selbst „nichtstaatliche Akteure“, wie beispielsweise ein Schüler, der im Jahr 2018 persönliche Daten und die Korrespondenz von Politikern auf Twitter veröffentlichte, können mit Angriffen Effekte erzielen, die bisher nur dem Staat und Sicherheitsbehörden vorbehalten waren. Um die vielfältigen Bedrohungen anzugehen, ist aktives Handeln gefragt.

 

Cyberabwehr systematisch angehen

Bereits 2016 hat die NATO den Cyberraum als eigenständige militärische Dimension definiert. Die Bundeswehr hat diesen Raum noch erweitert und seit rund zwei Jahren den Cyber- und Informationsraum als eigenständige militärische Organisationseinheit aufgestellt. Die Einheit verbindet Technologien der Digitalisierung sowie Methoden der Information und Meinungsbildung miteinander, um die Angriffe besser vorherzusehen, zu analysieren und zu bekämpfen.

Mit dem Cyber Innovation Hub treibt die Bundeswehr gezielt Technologien und Arbeitsweisen für eine aktive Cyberabwehr voran. Eine Herausforderung sei laut Setzer derzeit das Beschaffungswesen, das vor allem mit der Innovationsgeschwindigkeit der digitalen Welt mithalten müsse.

Cyberabwehr bedeutet für die BWI, robuste Lösungen zu designen und zu betreiben, um Schwachstellen für Angreifer so klein wie möglich zu halten. Christopher Waas, CISO der BWI, ist es aber auch wichtig „starke Detektions- und schnelle Reaktionsmechanismen zu etablieren.“ Sinnvoll sei der Aufbau eines Security Operation Centers, in dem Sicherheitsexperten Systeme, Daten und Netzwerk beständig im Blick halten. So können Bedrohungen frühzeitig erkannt und gezielt angegangen werden.

 

Austausch wichtig – Konflikte können entschärft werden

Waas betonte auch, dass Information und Austausch über die Ländergrenzen Deutschlands hinweg gewährleistet sein müssen, um ein ganzheitliches Lagebild zu erstellen und schnell handeln zu können. Dem stimmte auch Generalmajor Setzer zu: „Gefahren müssen dort bekämpft werden, wo sie entstehen. Wenn Cyberattacken grenzenlos sind, dann brauchen wir auch eine grenzenlose Kooperation.“ Dr. Thomas Fitschen, Sonderbeauftragter für Cyber-Außenpolitik und Cybersicherheit, beim Auswärtigen Amt sieht in dem Austausch vor allem die Chance „Gegner ins Boot zu holen und zu Partnern zu machen.“ In einer komplexen Welt könne das Teilen von Informationen dazu beitragen, politische Konflikte zu entschärfen und damit auch das Gefahrenpotential von Cyberangriffen zu reduzieren.

 

Fazit: Mehr Tempo, System und Austausch für eine aktive Cyberabwehr

Neue Technologien verlangen danach, sich auf eine neuartige Konfliktsituation einzustellen, die andere Denkweisen und Methoden erfordern. Es ist zudem mehr Tempo nötig, um digitale Cyberattacken zu durchdringen und entsprechende Lösungen für eine aktive Cyberabwehr aufzubauen.

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